Thomas Wüstefeld

 

Vielleicht erinnert sich der Eine oder die Andere von Ihnen noch an den Familiengottesdienst zum Schuljahresabschluss 2018.

Das Andenken waren Spielkarten mit der Einladung zum gemeinsamen Spielen bei der Kinderkirmes!

Die Predigt in diesem Gottesdienst hat Thomas gehalten.

Der Schluss hieß so:

„Hier vorne liegen schon die ganze Zeit Gegenstände, die mit in diesen Gottesdienst gebracht wurden. Sie sollen in uns Vorfreude erwecken auf Kommendes und ich nehme mir mal das Kartenspiel hier heraus. Lenken wir doch in der Ferienzeit wieder einmal den Blick darauf miteinander schöne Dinge zu erleben. Die Karten werden dazu gemischt. Auf die Regeln, was gefällt, muss man sich einigen. Doch dann kann es losgehen. Vielleicht entdeckt ja der Eine oder die Andere einen Joker, den er geschickt einsetzen kann. Amen.“

Am 14.11.2018 sind die Karten neu gemischt worden – von einem anderen – dem Joker?! Thomas ist plötzlich und innerhalb weniger Stunden gestorben.

Zu fassen ist das wohl noch nicht!!

Ich persönlich - und ich denke auch wir als Gemeinde - können nur dankbar sein für sein Leben und Handeln. Sichtbar geworden ist das beim Auferstehungsgottesdienst und bei seiner Beerdigung, wo sich so viele Menschen haben einladen lassen!

Wir haben einen äußerst engagierten, kreativen und immer hilfsbereiten Mitdenker und Mitstreiter verloren. Vieles hat Thomas in der ihm eigenen Art geprägt: besonders den Religionsunterricht, die Familiengottesdienste, die Religiösen Kinderwochen, die Jugendabende, viele Gespräche und Besuche, die „Sonderaktionen“ Puppenspiel und Engel (gehen Sie mit offenen Augen durch Frankfurt und Ihnen begegnen die unterschiedlichsten Engelbilder von Schülerinnen und Schülern), die Frankfurter Narrencongregation, und viele andere Aktivitäten!

In allem hat er damit Zeugnis gegeben von seinem Glauben und Vertrauen auf Gott.

Dieser möge ihm die Fülle des Lebens schenken – das war eines von Thomas' Lieblingsworten im Religionsunterricht!

Beatrix Sprutta

 

Wüsti - so nannten wir ihn immer

Ich habe ihm damals einen Brief geschrieben. Es viel mir schwer, Worte zu finden, doch es half mir, irgendwie mit der Situation klar zu kommen. Heute stoße ich auf das gleiche Problem. Mir fehlen die Worte. In dem Brief erzählte ich über mein erstes Mal in Zinnowitz und wie Wüsti neben mir auf der Bettkante saß und mich tröstete. Ich hatte Heimweh. Und dann sagte er einen Satz, der mich seitdem begleitet. „Heimweh ist etwas schönes, er zeigt dir, dass du dich zu Hause wohl fühlst.“ Zuhause ist der schönste Ort der Welt. Und so schrieb ich „Sie, Wüsti, hatten die Gabe Menschen das Gefühl zu geben bei Ihnen zu Hause zu sein. Jeder fühlte sich bei Ihnen wohl, sicher und geborgen. Sie nahmen Jeden so an wie er war, achteten nicht auf Äußerlichkeiten. Was für eine wunderbare Gabe.“

Und weil er uns so nahm wie wir waren, liebten wir ihn alle. Auch in der Schule war er immer beliebt als ‚Lehrer‘. Dies erkaufte er sich nicht mit dem Eis jeden Sommer, sondern mit seiner Art. Er war einfach einfach. Auch in der Gemeinde stand er hinter uns Jugendlichen. Die Arbeit mit uns war ihm wichtig und machte ihm eine Menge Spaß.

Bei seiner Beerdigung kamen Viele. Viele Freunde, viele Kollegen, viele Jugendliche. Die Kirche war voll. Voller junger Menschen. Ist das nicht das, was ein jeder anstrebt - Sein Wissen, sein Gelerntes, sein Leben jungen Menschen nahezubringen? Wüsti lehrte uns/mir/euch, schon in jungen Jahren Lebensweisheiten, die immer noch und immer wieder schwer umzusetzten sind. Liebe, Güte, Nächstenliebe, Gerechtigkeit, Witz, positiv zu sein, kritisch zu sein, Spaß zu haben. Der Spaß war ihm immer besonders wichtig.

Alle kannten Wüsti. Irgendwie schien er der Mittelpunkt zu sein, auch wenn er das eigentlich nie wirklich mochte. Und am wohl traurigsten Donnerstag des vergangenen Jahres passierte etwas, das er immer mit Leib und Seele unterstütze. Wir feierten ein Fest. Alle zusammen, erst unten in der Kirche, dann ganz eng oben im Gemeindesaal. Wir taten Dinge, die man bei einem Fest so tut. Singen und beten, später essen, trinken und reden. Wir feierten so, wie auch Wüsti mit uns immer feierte. Oben auf der Bühne waren er und das Mikrofon und ringsum saßen wir und warteten um an einem seiner Spiele teil zu haben. „Komm nach vorn und lass dich fallen.“ Er fing uns auf. Immer. Und dann an diesem Donnerstag war da keiner mehr auf der Bühne der uns auffing. Wir fielen einfach. Fielen hin. „Hinfallen, aufstehen, Krönchen rücken und weiter gehts!“ Das sagte er gerne. Doch das Aufstehen muss man nach all den Jahren des Auffangens erst einmal lernen.

Danke Wüsti!

Gila

 

Thomas hat bei uns, den polnischen Gemeindemitgliedern, das Bewusstsein gestärkt, dass wir einen beträchtlichen Teil der Gemeinde ausmachen, dass diese Gemeinde unser Zuhause ist oder dies einmal werden kann.

Aus ersten Gesprächen und Ideen im Sommer 2016 ist die spezielle Form des Gottesdienstes am jeweils dritten Sonntag im Monat hervorgegangen, intern unter dem Namen „Gottesdienst mit polnischen Akzenten“. Zunächst waren die zweite Lesung auf Polnisch und die Fürbitten im Wechsel Deutsch und Polnisch, dann wurden die Lesungen zweisprachig in den Kirchenbänken ausgelegt, und irgendwann haben wir uns auch getraut, im Gottesdienst auf Polnisch zu singen. Inzwischen existiert bereits eine kleine Liedersammlung.

Thomas wurde nicht müde, weitere Mitstreiter und Helfer zu gewinnen, Leute anzusprechen, zu besuchen, Aufgaben zu zeigen – nach vielen Gesprächen wohl wissend, dass hier eine Art von Engagement gefragt ist, das mitunter erst einmal gelernt werden muss. Selbst wenn nicht alles perfekt sei, so Thomas, loben wir eben Gott so gut, wie wir könnten. Und wenn niemand Verantwortung übernehmen möchte, dann sei es halt so, irgendwann merke jemand, dass hier etwas fehle.

Aus diesem ständigen Werden, Ausprobieren ist etwas gewachsen, das sich bei den polnischen Gemeindemitgliedern, in den Familien, in der Gemeinde etabliert hat. Der dritte Sonntag im Monat mit Gottesdienst und anschließendem Kirchenkaffee (in Polen praktisch unbekannt …) ist inzwischen zu einer festen Größe geworden, für viele ein fester Termin zum Feiern des Sonntags in und mit unserer Gemeinde. Dafür sind wir Dir, lieber Thomas, sehr dankbar: „Z wdzięcznością – Polonia“.

Małgorzata Bień-Lietz