Hochschulseelsorge

Impulse


Impuls aus dem Gottesdienst am Beginn des Sommersemesters 2024

(im Anschluss an Joh 10,11ff)

Das Bild des Guten Hirten, wie die Bibel es anbietet ist ambivalent:
Denn das Vertrauen auf einen, der die Fäden in der Hand hält; die Hoffnung, dass da Einer ist, der für mich alles klärt, so dass ich mich nicht kümmern muss – da stellt sich die Frage, ob eine solche Einstellung nicht gefährlich werden kann, wenn sie aus der religiösen Sphäre auf unsere gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse überschwappt.
Denn es ist ja ganz klar, dass Menschen keine Schafe sind – auch wenn Menschen in Gruppen sich nicht immer besonders vernünftig verhalten.
Doch die Verantwortung für ihr Tun haben die Einzelnen weiterhin.

Die Sehnsucht nach einem starken Hirten kann also problematisch werden.
Doch schauen wir weiter auf den biblischen Text:
„Ich gebe ihnen ewiges Leben.“ sagt Jesus dort und „Sie werden niemals zugrunde gehen“ – das ist eine tolle Verheißung und doch ist es kein ausgewogener Text, denn wir wissen, auch wenn wir in andere Passagen der Bibel schauen, es ist auch unsere menschliche Verantwortung, so für unsere Welt zu sorgen, dass sie nicht vollends den Bach runtergeht.
Gott wird uns in der Regel nicht irgendwo mirakulös herausziehen, und auch kein selbst ernannter oder gewählter Führer wird das tun, sondern wir alle tragen persönlich Verantwortung für uns, für unsere Gesellschaft, für die Erhaltung unserer Welt. Für die Gerechtigkeit.

Zugleich steckt ein unheimlicher Trost im Kern dieses Bildes vom Hirten: jemand sorgt sich um mich. Und dieser Jemand ist mir nah. Und ich bin ihm nah.
Konkret: Gottes Sorge äußert sich darin, dass er mich ruft – und diesen Ruf zu hören, ist meine Aufgabe. 
Ich kann in meinem Leben, beim Studieren und Arbeiten oder auch beim Lesen der Bibel, bei einem Taizé-Lied oder in der Stille – darauf achten, wo Gottes Sorge um mich für mich greifbar wird.
Wo mein Herz angesprochen wird, wo ich mich angesprochen fühle, wo ich seine Liebe spüre - und wo ich in die Verantwortung gerufen bin, mich einzubringen.

In diesem Sinn: ein gutes und erfolgreiches, ein verantwortungsbewusstes und vertrauensvolles Semester!