Hochschulseelsorge
Statement auf der Demo "Frankfurt bleibt bunt" am 26.05.2024
(als Teil des gemeinsamen Beitrags von Pfarrerin Susanne Noack und Hochschulseelsorger René Pachmann)
Ich glaube, der Ausgrenzungs- und Miesmachstimmung, der Hetze und der latenten oder reellen Gewalt von rechts außen haben wir so viel Positives entgegensetzen.
Nehmen wir nur das, was wir heute und hier als "Vielfalt" verteidigen wollen.
Wir sind alle total unterschiedlich - und das ist manchmal sehr schön, aber es ist bisweilen auch ziemlich anstrengend.
In religiösen Fragen unterscheidet euch und mich (uns) wahrscheinlich einiges - viele von euch werden keiner Kirche oder Religion angehören, das würde jedenfalls die Statistik von Ostbrandenburg nahelegen.
Wir sind uns also in manchen wichtigen Fragen nach der Welt und ihrem Sinn wahrscheinlich nicht sehr nah.
Aber trotzdem sind wir uns einig in anderen, ebenfalls ganz grundlegenden Fragen - uns ist die gleiche Würde aller Menschen wichtig, uns ist die Demokratie wichtig, uns ist ein solidarisches Miteinander wichtig. Das verbindet uns!
Trotz unserer Verschiedenheit können wir uns miteinander darauf verständigen. Und das halte ich für ein sehr hohes Gut.
Wir haben in all unserer Vielfalt eine gemeinsame Basis - und bei aller nötigen Kritik an manchen politischen Entscheidungen und an manchen Parteiprogrammen können wir doch auf der Basis des Grundgesetzes und seinen demokratischen Regeln miteinander demonstrieren.
-Vielleicht schaffen wir es ja sogar, dass wir andere, die nicht zu unserem eigenen Verein, nicht zu unserer Partei, zu unserer Gruppe, unserer Sprache oder zu unserer Kirche gehören - mit ihren so ganz anderen Eigenschaften leuchten lassen.
-Vielleicht können wir das Gute, das wir bei unserem Nachbarn sehen, würdigen - und das auch sagen, selbst wenn wir nicht überall auf einer Linie liegen.
-Vielleicht steckt das Gute der Anderen einfach an - und das darf ruhig weiter gehen als Pierogi und Bakhlava.
-Vielleicht schaffen wir es, das Andere gut zu finden, gerade weil es anders ist als das, was wir selbst als gutes Leben praktizieren.
-Einfach, weil wir merken, wie wohltuend und bereichernd die Unterschiedlichkeit in unserer Gesellschaft sein kann.
Das Gute beim Anderen zu sehen und wertzuschätzen, das kann eine Basis und ein Konsens sein, um friedlich miteinander zu leben.
Doch die Partei, die hier ihre blauen Parolen plakatiert,
-die die Menschen aus dem eigenen Land als etwas Besseres ansieht als Menschen aus anderen Ländern,
-die Zugewanderte aus den Solidarsystemen ausschließen und sogar abschieben will,
-die behauptet, Muslime könnten sich nicht in unsere Gesellschaft integrieren,
-die die anderen Parteien als "Systemparteien" diffamieren will und so das "System" unserer Gesellschaft infrage stellt
- eine solche Partei hat sich von dieser Basis und auch vom demokratischen Konsens weit entfernt.
Denn wenn Vielfalt im Grundsatz abgelehnt wird, dann wird es heikel. Dann fehlen ganz basale Übereinstimmungen.
Und das ist auch eine Anfrage an mich und die Kirche, für die ich stehe.
-Auch dort ist es mit der Anerkennung von Vielfalt manchmal nicht weit her.
-Auch bei uns ist gleichberechtigtes Leben von Menschen mit unterschiedlichen Lebens- und Familienformen oder sexuellen Orientierungen nicht selbstverständlich und größere Toleranz muss, auch ganz aktuell, in mühsamen Gesprächen erarbeitet werden.
Die Verletzungen, die durch manche kirchlichen Aussagen z.B. bei queeren Menschen geschehen, sind furchtbar.
Umso wichtiger ist es, dass wir heute in großer Vielfalt hier stehen und uns bei den wesentlichen Fragen einig sein können:
-Für gleiche Würde und gleiche Rechte jedes Menschen.
-Für eine Gesellschaft, die bei allen Spannungen und Problemen Vielfalt als einen Reichtum erleben kann.
Danke, dass wir in aller Vielfalt heute dafür hier einstehen.
Danke, dass wir das Gute in denen sehen können, die anders sind als wir.
Danke, dass wir heute gemeinsam hier sind!
(verantwortlich: René Pachmann, Hochschulseelsorger)
Veranstalter: Netzwerk "Frankfurt bleibt bunt"
Dazu auch die Broschüre der deutschen Bischöfe unter dem Titel "Völkischer Nationalismus und Christentum sind unvereinbar"